Die portugiesischen Bahnrad-Meisterschaften sind erst gut eine Woche her – die Bronzemedaille, die Joana Ferreira dort im Ausscheidungsfahren geholt hat, liegt blankgeputzt in ihrer Wohnung. Aber Joana hat schon wieder ganz andere Dinge um die Ohren. Sie kommt gerade aus der Uni. Ein Jahr lang besucht sie dort einen Intensiv-Kurs. Sie paukt Deutsch. Obwohl Joana die Sprache eigentlich gut spricht – schließlich lebt sie schon eine Weile hier und ist in Wolfsburg zur Schule gegangen. Vor gut eineinhalb Jahren trat die mittlerweile 18-Jährige unserem Klub Bike-Sport Bad Salzdetfurth bei.
Joana hat einiges vor. Zunächst einmal will die Portugiesin Deutsche werden. “Ich strebe die doppelte Staatsbürgerschaft an, deshalb gehe ich zum Intensivkurs”, sagt sie. Joana möchte nämlich mittelfristig für Deutschland starten. Bislang fuhr sie für ihr Heimatland. Doch im Kreis Gifhorn zu leben, aber für Portugal aufs Rad zu steigen, ist schwierig. “Die Nationaltrainerin Portugals nominiert meistens nur die Fahrerinnen, die auch vorort sind”, sagt Joana Ferreira. Immer wieder wurde sie zu Maßnahmen nicht eingeladen. Das wurmt sie, denn sie hat nach wie vor das eine Ziel: Olympia. “2020 in Tokio, da will ich hin.”
Allerdings könnte Deutschland für die Bahnradspezialistin auch eine Bürde sein. Die Konkurrenz hierzulande ist wesentlich größer als in Portugal. Das macht die Qualifikation für große Wettkämpfe, insbesondere für die Olympischen Spiele nicht gerade leichter. “Egal”, sagt Joana. “Konkurrenz spornt mich nur an.”
Sie hat einen neuen Trainer, der in Hildesheim und Niedersachsen bestens in der Szene bekannt ist: Jörg Wiechmann. Wiechmann betreute beim RSC Hildesheim schon etliche Talente – darunter seine Tochter Ann-Leonie oder die Hildesheimerin Emma Hinze. Hinze wechselte später ins Sportinternat nach Kaiserslautern, fährt mittlerweile für das Track Team Brandenburg und ist in die deutsche Olympia-Mannschaft aufgenommen worden. Da will auch Joana Ferreira hin. “Ich werde mich künftig weniger den Ausdauerdisziplinen widmen, sondern eher den Rennen, für die Kraft und Athletik ausschlaggebend sind”, sagt sie.
Ferreira klingt zufrieden und entspannt. “Mir geht es auch gut. Privat läuft alles bestens.” Seit einer Weile ist Joana mit Joao liiert. Auch er ist früher Leistungssportler gewesen – war bis zu einer Verletzung Kickboxer (nationaler Meister Portugals), davor Fußballer. Er lebt in Portugal. “Wir versuchen, uns so oft wie möglich zu sehen. Ansonsten wird täglich geskypt”, sagt Joana. Joao kommt auch immer häufiger zu ihren Rennen. Als sie das erzählt, muss Joana lachen: “Er eignet sich alles mögliche technische Wissen über Fahrräder an. Vielleicht wird er bald mein Mechaniker.”
Bei den portugiesischen Meisterschaften hat Joana Ferreira neben der Bronzemedaille im Ausscheidungsfahren noch einen sechsten Platz im Omnium belegt. Für diejenigen, die es nicht wissen: Omnium besteht aus den sechs Teildisziplinen Scratch, Einerverfolgung, Ausscheidungsfahren, Zeitfahren und Punktefahren. Auch beim Winterbahnrennen in Frankfurt/Oder Ende 2015 nahm sie an einigen Wettkämpfen teil. “Dabei bin ich immer unter den Top Ten gelandet.”